Autorin und Dramaturgin
Juliane Hendes, Absolventin der Hochschule für Musik und Theater Leipzig, arbeitete nach dem Studium als Regieassistentin am Düsseldorfer Schauspielhaus. Dort betreute sie als Dramaturgin die Produktion »Die Zofen« (2013, Regie: Nele Weber) und inszenierte 2015 eine eigene Bühnenfassung von Albertine Sarrazins »Astragalus«, dem ersten Roman, in dem »eine Frau über ihre Gefängnisse spricht« (Simone de Beauvoir).
Seit 2016 arbeitet Juliane Hendes als freie Dramaturgin u.a. an den Sophiensälen Berlin, am Nationaltheater Mannheim, den Kammerspielen München, am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin, am Düsseldorfer Schauspielhaus und am Landestheater Marburg. Zuletzt arbeitete sie im Frühjahr 2024 zusammen mit Schauspieler und Regisseur Milan Peschel am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin (»Chico Zitrone im Tal der Hoffnung«, 2024) und beschäftigte sich mit ostdeutscher Geschichte und ihrer westdeutschen Wahrnehmung.
Als Autorin schrieb sie für die Bürgerbühne des Düsseldorfer Schauspielhauses »Eva und Adam« (2018), eine Befragung überkommener Rollenbilder von Mann und Frau in drei Saunagängen, und »Blick zurück nach vorn« (2020), auf Erfahrungsberichten der Mitwirkenden basierende Familienchroniken gegen das Vergessen – und »deckt (…) mindestens so viel über die Nazi-Vergangenheit von netten Düsseldorfer Mitbürgern auf wie über die Strategien, mit denen diese Vergangenheit in der Nachkriegszeit unter Verschluss gehalten wurde« (Franz Wille, in: Theater heute 3/2020).
Als Autorin ist sie der freien Gruppe Pièrre.Vers assoziiert, die Juliane Hendes‘ der Aufarbeitung der Düsseldorfer NS-Vergangenheit gewidmeten Stück-Entwicklungen »Schwarz-helle Nacht« (2019), »Aktion: Aktion!« (2020), »Im Process« (2021, unter den besten zehn Inszenierungen bei Nachtkritik-Theatertreffen) und »Endstation fern von hier« (2022) zur Uraufführung brachte (jeweils in Zusammenarbeit mit dem asphalt-Festival und der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf). 2022 erhielt das Kollektiv die Spitzenförderung des Landes NRW, um die kontinuierliche Arbeit im Kontext von Erinnerungsarbeit fortzusetzen. Das erste Projekt der neuen Reihe war »DUNKELDORF« (2023) und befasste sich mit aktuellen Einflüssen und Auswirkungen rechter Gewalt anhand eines nie aufgeklärten Bombenanschlags vom Juli 2000 in Düsseldorf auf Aussiedler:innen und sogenannten Kontingentflüchtlinge, viele von ihnen jüdischen Glaubens. »DUNKELDORF« schaffte es auf die Shortlist des Berliner Theatertreffens 2024. Das neue Projekt »Schaf sehen.« (Premiere Juli 2024) beschäftigt sich mit Verschwörungserzählungen und ihren Einfluss auf demokratische Verhältnisse.
2023 schrieb sie den Text »Aus dem Osten, aus dem Sinn.«, der am Hessischen Landestheater Marburg uraufgeführt wurde und in dem sie sich mit ihrer ostdeutschen Herkunft und dem Aufwachsen in einem Plattenbauviertel in der Tranformationszeit auseinandersetzte. Im Rahmen der Gedenktage der Progrome von Rostock Lichtenhagen 1992 enstand der Text »RAUSLAND – Als wir uns vergaßen« (frei zur UA), den sie zusammen mit Anne Decker und Christian Simon in Form einer szenischen Lesung zu den Gedenktagen aufführte. Der Text läutete eine andauernde Beschäftigung mit dem Begriff (ostdeutsche) Heimat ein und die Suche nach einer gesamtdeutschen Wahrnehmung, beginnend an den Rändern.
Darüber hinaus schreibt Juliane Hendes Theaterstücke, die sich mit dem »Schlachtfeld« zwischen den Geschlechtern auseinander setzen und wirft einen humorvollen Blick in das weibliche Innere (»Hedda – so gar nicht von Ibsen«, frei zur UA).
Seit 2022 wird Juliane Hendes von rua. Kooperative für Text und Regie vertreten. Ihren letzten Theatertext »Krieg. Mein Krieg« inszenierte Juliane Hendes 2020 als Hörspiel. 2021 wurde sie mit dem Förderpreis für Darstellende Kunst der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet.
Foto: Oliver Look